Präsidentin Tsai Ing-wen hat am Montag, den 03. September 2018, an die Länder Europas appelliert, das freiheitliche demokratische Taiwan zu unterstützen angesichts eines aufstrebenden Chinas, das seinen Einfluss auf die globale Landschaft ausübt.
In einer auf Video aufgezeichneten Rede bei einem von Taiwan gesponserten Seminar im Europäischen Parlament sagte Tsai, China untergrabe den Status quo in der Taiwan-Straße, und sein rapider Aufstieg verändere auch die globale Ordnung, die in der Region seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs bestanden habe.
Bei der Eröffnung des Seminars mit dem Titel "Der China-Faktor: Ist Widerstand zwecklos? – Taiwan als Fallstudie", erklärte Tsai, dass Taiwan sich der Herausforderungen durch China bewusst sei, dass aber Chinas Vorgehen nicht dazu geführt habe, Taiwan in Richtung Peking zu drängen. Taiwan fühle sich ganz im Gegenteil darin bestärkt, darauf zu achten, wer seine wahren Freunde und Partner seien, nämlich die Länder, die mit Taiwan gleiche Werte und Interessen teilten.
Seit dem Jahr 2016, so Tsai, habe China den Druck auf das demokratische Taiwan verstärkt und manches unternommen, um die Wirtschaft und den internationalen Aktionsraum des Landes einzuengen. China habe versucht, Taiwan zu destabilisieren und das Vertrauen der taiwanischen Bevölkerung in die demokratischen Institutionen des Landes zu untergraben, sagte die Präsidentin. Chinas Agieren habe in Taiwan aber nur die Entschlossenheit gestärkt, dass weiterhin Freiheit und Demokratie die Zukunft der 23 Millionen Bürger des Landes bestimmen werden und nicht die Angst, sagte sie.
In dieser kritischen Phase der Geschichte der Menschheit verstehe es Taiwan besser als jedes andere Land der Welt, wie wichtig die Bewahrung dieser Werte sei, so die Präsidentin. Als kleine Demokratie, die versucht, sich mit dem mächtigsten nicht-demokratischen Land der Welt auseinanderzusetzen, sei Taiwan unnachgiebig und entschlossen, seine kostbare Demokratie zu schützen, fügte Tsai hinzu.
Doch die Herausforderungen beträfen nicht nur Taiwan, und das Land suche daher um Unterstützung bei Freunden und Partnern nach, die die gleichen Werte teilen, erklärte die Präsidentin. "Wir brauchen Ihre Unterstützung. Eine freiheitliche demokratische Ordnung kann nur überleben, wenn gleichgesinnte Länder, einschließlich unserer europäischen Partner, zum Wohl der Allgemeinheit zusammenarbeiten", sagte Tsai. Sie appellierte auch an alle gleichgesinnten Nationen, den gleichen Geist an den Tag zu legen, der 1951 zur Gründung einer Union quer durch Europa geführt habe: einen klaren Blick dafür, dass man nur gemeinsam die gemeinsamen Werte und die gemeinsame Zukunft schützen könne. Die Rede dauerte etwa viereinhalb Minuten und brachte der Präsidentin viel Beifall aus den Reihen der Seminarteilnehmer ein. Die Veranstaltung war vom Europäischen Verband taiwanischer Vereinigungen organisiert und am Abschlusstag des dreitägigen Events durchgeführt worden.
Ivan Stefanec, ein slowakischer Abgeordneter des Europäischen Parlaments, erwiderte auf die Rede Tsais, dass die Europäische Union und Taiwan enge Beziehungen geknüpft hätten, und forderte, dass die EU der demokratischen Entwicklung in Taiwan und Asien mehr Aufmerksamkeit widmen sollte. Für die nahe Zukunft drängte er auf einen größeren Austausch zwischen Taiwan und der EU in den Bereichen Wirtschaft, Bildung und Kultur. Stefanec, der Taiwan bereits mehrmals besucht hat und mit den Beziehungen über die Taiwan-Straße gut vertraut ist, bezeichnete Chinas Aufstieg als ein sehr wichtiges Thema, nicht allein für die Weltwirtschaft, sondern auch für die internationale Politik. Es sei daher geboten, dass die EU die neuesten Entwicklungen im Auge behalte.
Quelle: Focus Taiwan