Beim APEC-Gipfel (Asia-Pacific Economic Cooperation, der Asiatisch-pazifischen Wirtschaftskooperation) am Wochenende vom 17. und 18. November 2018 in Moresby, Papua-Neuguinea, wurde Präsidentin Tsai Ing-wen von ihrem Sondergesandten Morris Chang vertreten. Chang ist der Gründer des führenden Chipherstellers Taiwan Semiconductor Manufacturing Co. (TSMC).
Obwohl Taiwan bereits seit dem Jahr 1991 ein ordentliches Mitglied des 21 Mitglieder zählenden zwischenstaatlichen Forums ist, ist es Taiwans Präsidenten traditionsgemäß nicht gestattet, an dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs teilzunehmen. Der Grund für den Ausschluss ist der Widerstand vonseiten Chinas. Die Präsidenten Taiwans müssen daher an ihrer Stelle einen Vertreter schicken. Dass Morris Chang Taiwan bei einem APEC-Treffen vertritt, ist nach 2006 bereits das zweite Mal. Damals kam er anstelle von Präsident Chen Shui-bian.
Nach dem Empfang der Teilnehmer durch Papua-Neuguineas Premierminister Peter O'Neill nutzte Chang bereits beim Gruppenfoto die Gelegenheit, sich mit seinen Kollegen auszutauschen. Der japanische Premier Shinzo Abe schüttelte Chang die Hand, ebenso wie der russische Premier Dmitri Medwedew und der Premierminister von Singapur, Lee Hsien Loong.
Während eines Treffens hinter verschlossenen Türen mit weiteren APEC-Teilnehmern hielt Chang am Sonntag, den 18. November, eine siebenminütige Rede über die Herausforderungen und Chancen, die der Aufstieg der digitalen Wirtschaft mit sich bringt. Dabei strich er Taiwans Fachwissen in diesem Bereich heraus und betonte die Notwendigkeit, die regionale technologische Zusammenarbeit zu stärken.
Chang bezeichnete Taiwan zwar nur eine mittelgroße Volkswirtschaft, doch sei das Land ein integraler und unumgänglicher Teil der Lieferkette. Taiwan sei bereit, mit regionalen Partnern zusammenarbeiten, um sich den Herausforderungen durch die schnellen technologischen Entwicklungen zu stellen, darunter die sich vergrößernde Kluft zwischen Armen und Reichen, die Arbeitslosigkeit sowie der unzureichende Schutz der Privatsphäre und der Urheberrechte.
Im Anschluss an den diesjährigen Gipfel sprach Chang auf einer Pressekonferenz von freundlichen und offenen Begegnungen mit mehr als einem Dutzend Staats- und Regierungschefs bzw. deren Vertretern, darunter auch US-Vizepräsident Mike Pence sowie die Premierminister mehrerer asiatischer Länder.
Das Außenministerium Taiwans bestätigte, dass Chang und Pence sich am Samstag, den 17. November, gegen 13:30 Uhr zu einem informellen Gespräch trafen nachdem Pence seine Rede auf dem APEC CEO Summit gehalten hatte, eine Gesprächsrunde, an der auch Chang teilnahm.
Auf Details der Unterredung mit Pence wollten weder Chang selbst noch das Außenministerium Taiwans eingehen. Auf der Twitter-Seite des Außenministeriums aber war zu lesen, man gehe davon aus, die Gespräche zwischen Chang und Pence würden durch die Förderung des integrativen Wachstums und die Gestaltung der digitalen Zukunft die regionalen Verbindungen stärken.
Gegenüber dem Medienunternehmen Bloomberg sagte Pence, Chang habe angeregt, Freihandelsgespräche zwischen Washington und Taipeh aufzunehmen. Das Gespräch mit dem taiwanischen Gesandten habe sich um Fragen der Wirtschaft gedreht, soll Pence gegenüber Bloomberg erklärt haben, und dass Taiwan ein starker Befürworter der Trans-Pacific Partnership (TPP) sei und daher für ein Freihandelsabkommen in Betracht gezogen werden solle.
Aufgrund der Differenzen zwischen den USA und China zu den Regeln, denen der Welthandel unterliegen solle, haben es die Staats- und Regierungschefs der APEC-Länder beim diesjährigen Treffen nicht geschafft, ein gemeinsames Kommuniqué zu verabschieden. Dies ist ein Novum in der Geschichte der APEC.
Auf taiwanischer Seite aber äußerte sich Präsidentin Tsai Ing-wen auf ihrer Facebook-Seite anerkennend für Changs Engagement zur Förderung von Taiwans Beziehungen mit den USA und anderen Staaten auf dem APEC-Gipfel.
Quellen: Focus Taiwan; Radio Taiwan International; Taipei Times